Von Hochbeeten und Zugänglichkeit – das neue Gartenatelier

Veröffentlicht 18.06.2025
BOOSTR_300dpi-Print_RGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate21782_web

Im Gartenatelier wird gegraben, gepflanzt, gelacht und gestaunt. Es ist ein besonderer Ort für die Sinne, der dank grosszügiger Spende barrierefrei umgestaltet werden konnte. Das Ergebnis? Mehr Zugänglichkeit und neue Möglichkeiten. Was dieser Zugang bedeutet – nicht nur praktisch, sondern ganz persönlich – erzählt Atelierleiterin Andrea Schröter im Gespräch.

Andrea Schröter, was macht die Arbeit in den Ateliers bei Humanitas für dich besonders?

Sie ist wahnsinnig abwechslungsreich. Kein Tag ist wie der andere – das macht es so spannend. Die Menschen, mit denen wir arbeiten, sind wie Wundertüten. Ihre Tagesform, ihre Befindlichkeiten, wer gerade neu dazukommt oder weiterzieht – es ist ständig Bewegung drin. Diese Dynamik fordert uns, aber sie bringt auch viele Überraschungen und echte Begegnungen mit sich.

 

Welche Aufgaben übernehmen die Klient:innen?

Unser Ziel ist es, die Klient:innen in allen sechs Ateliers zu befähigen, möglichst selbstständig zu arbeiten. Wir schaffen eine klare Tagesstruktur – es geht nicht ums Basteln, sondern ums richtige Schaffen. Die Gruppen sind bewusst durchmischt, damit vielseitige Kontakte und Begegnungen entstehen. Das kann herausfordernd sein, aber es macht die Arbeit lebendig.

 

«Für Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen ist der Garten ein wunderbarer Ort: Kräuter riechen, berühren, erleben – alles auf Augenhöhe.»

Und nicht alle haben dieselben Bedürfnisse.

Die Begleitung ist individuell – je nach Bedarf. Und es ist unglaublich schön zu sehen, wie sich manche entwickeln. Sie packen symbolisch ihren Rucksack fürs Leben. Ich freue mich jedes Mal, wenn jemand mit einem Lächeln die Werkstatt verlässt oder man plötzlich einen «Panzer knackt» und die positiven Seiten hervorkommen. Das sind unbezahlbare Momente.

 

Was hat sich durch die neue Gartengestaltung für euch im Atelieralltag verändert?

Der Garten ist jetzt deutlich barrierefreier. Durch Spenden konnten wir Hochbeete realisieren, die auch mit dem Rollstuhl erreichbar und pflegeleichter sind. Die Wege sind breiter und sicherer – auch mit Rollator gut begehbar. Pflanzen, die höher wachsen, sind besser zugänglich. Einige Klient:innen können nun sogar im Sitzen arbeiten, zum Beispiel Unkraut zupfen.

 

Ihr seid jetzt flexibler …

Absolut. Das schafft neue Möglichkeiten: Eine Person im E-Rollstuhl übernimmt mittlerweile Aufgaben zur Unterstützung anderer – ganz ohne uns Fachpersonen. Diese Form des selbstständigen Miteinanders ist ein echtes Geschenk. Auch der neue, ebene Sitzplatz ist ein grosser Gewinn. Früher sassen wir mit den Stühlen in der Wiese, heute haben wir stabile Sommerarbeitsplätze im Freien.

 

«Wir haben sogar sogenannte Naschbeete – die sind besonders beliebt.»

Welche Rolle haben Spenden bei der Realisierung des neuen Gartens gespielt?

Ohne die Spenden wäre das alles nicht machbar gewesen – auch nicht als Projekt. Hochbeete, Sitzplatz, all das wäre sonst nicht realisiert worden. Für unsere schwer beeinträchtigten Klient:innen, die auf dem Weg vom Wohnbereich zur Werkstatt am Garten vorbeikommen, ist das ein täglicher Mehrwert. Wir haben sogar sogenannte Naschbeete – die sind besonders beliebt. Und für Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen ist der Garten ein wunderbarer Ort: Kräuter riechen, berühren, erleben – alles auf Augenhöhe.

Im Grunde ist es ein Begegnungsort für alle: Klient:innen, Fachpersonen, Angehörige. Sogar Nachbarskinder kommen vorbei. Und wir haben jemanden gefunden, der uns ehrenamtlich unterstützt. Das berührt mich sehr.

 

Wie siehst du den Garten in Zukunft?

Meine Vision ist, dass wir noch stärker in den Austausch mit anderen Bereichen gehen – zum Beispiel mit der Küche, für die wir bereits Kräuter, Sprossen und Kresse pflanzen. Vielleicht entstehen bald auch Karten mit Pflanzenmotiven oder selbst gefärbte Drucke aus Gartenpigmenten. Ich wünsche mir einen Sinnes-, Erlebnis- und Begegnungsgarten, der auch mit dem geplanten Neubau weiterwachsen darf. Und dass die Synergien zwischen den Ateliers noch stärker werden.

 

Was bedeutet es dir persönlich, zu sehen, was durch Spenden möglich wird?

Ich finde es einfach grossartig. Dass Menschen uns in dieser Form unterstützen, ist nicht selbstverständlich. Und ich hoffe, es bleibt so – weil es so viel bewirkt.

BOOSTR_72dpi_Web_2560px_sRGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate21853

BOOSTR_72dpi_Web_2560px_sRGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate21992

BOOSTR_72dpi_Web_2560px_sRGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate21907

BOOSTR_72dpi_Web_2560px_sRGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate22013

Was war dein bisher bewegendster Moment im Atelier?

Es sind die Momente, in denen wir Menschen etwas geben können, das für sie funktioniert. Wenn sie sich aufgehoben fühlen, wenn ihr Alltag gelingt – das berührt mich sehr. Ich würde diesen Beruf jederzeit wieder wählen. Er ist nah an den Menschen, vielfältig und sinnstiftend.

 

Was lernst du von den Menschen, mit denen du arbeitest?

Täglich etwas. Vor ein paar Jahren hatte ich eine grössere Operation, die mich körperlich eingeschränkt hat. Da habe ich gesehen, wie eine unserer Klient:innen mit Halbseitenlähmung ihr Leben meistert – mit Selbstverständlichkeit und Stärke. Das hat mir unglaublich viel gegeben. Unsere Klient:innen sind oft mit wenig zufrieden und sehr dankbar. Sie leben vor, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein. Das ist ein schönes Vorbild.

 

«Ich wünsche mir, dass wir auch in stürmischen Zeiten – mit all der Schnelllebigkeit und den Herausforderungen unserer Gesellschaft – dranbleiben.»

Gibt es eine Geschichte, die dir bis heute im Herzen geblieben ist?

Ja, da ist ein junger Mann mit schwerster mehrfacher Beeinträchtigung – ein fröhlicher Mensch. Es gibt immer wieder diese Momente, in denen man seine Feinfühligkeit spürt – wenn ich merke, dass er mich als Person in sein
Universum lässt, mich akzeptiert. Diese stillen, harmonischen Augenblicke sind für mich tief bewegend.

 

Was wünschst du dir für die Zukunft der Ateliers?

Ich wünsche mir, dass wir auch in stürmischen Zeiten – mit all der Schnelllebigkeit und den Herausforderungen unserer Gesellschaft – dranbleiben. Dass wir unseren Klient:innen weiterhin ein starkes, vielseitiges Angebot machen können. Und dass die besondere Stimmung in unseren Ateliers erhalten bleibt: das Miteinander, das Lachen, das gegenseitige Vertrauen. Ein Ort, an dem sich Fachpersonen, Klient:innen und Angehörige gleichermassen wohlfühlen.

Andrea_BOOSTR_72dpi_Web_2560px_sRGBC1_2025_05_12_Humanitas_Corporate21708


Andrea Schröter, Leiterin Ateliers 4, 5 und 6, Sozialpädagogin, seit 13 Jahren bei Humanitas tätig